Ausnahmsweise mal einfach ein bisschen Geplauder aus meinem Privatleben. Ein Dienstag, der wie ein Montag war - mehr Tage wie diesen brauche ich nicht.
Aber daraus wurde nichts, der
Tierhalter machte die Tür nicht auf und ging auch nicht mehr ans
Telefon. Ich hatte daraufhin richtig Angst um das Tier, da der Halter
auch mit Aussetzen gedroht hatte.
In der Zwischenzeit untersuchte ich
Fienchen und musste einsehen, dass sie gehen wollte. Am Vortag hatte
sie sich aus heiterem Himmel hingelegt und konnte nicht mehr
aufstehen. Das war so unfair, ihre Wunde war fast zu, das andere Auge
war ok und kaum das ich sie als geheilt entlassen wollte, gibt sie
sich auf. Natürlich, wie sollte es anders sein, mein Tierarzt ist im
Urlaub, die Tierärztin hat erst am Nachmittag Sprechstunde.
Dann lies mir der Hamster keine Ruhe
und ich rief mehrfach bei dem Halter an und siehe da, irgendwann
kriegte ich ihn ans Telefon und bei dem Gespräch wurde mir schnell
klar was los war: Der Mann stand total unter Drogen, redete nur noch
wirres Zeug, hatte kein Zeitgefühl. Er wollte den Hamster vorbei
bringen – es war auch keine Rede mehr von zwei Wochen Krankenhaus,
sondern er wollte ihn mir schenken, da er ja nach dem Krankenhaus eh
umzieht und den Hamster dann nicht mitnehmen konnte. Ach so – ja
klar.
Er brachte den Hamster aber nicht
vorbei, ich hatte nach dem Gespräch auch nichts dergleichen mehr
erwartet. Also rief ich wieder zig mal an, ertrug jedes Mal die
Tatsache, dass ich während das Telefon klingelte laut und grausam
die „Toten Hosen“ ertragen musste, die mir ins Ohr brüllten „an
Tagen wie dieeeeesen“ - ok, das passte sicher gut, war aber eine
echte Zumutung... und kriegte ihn irgendwann auch wieder ans Telefon.
Da er nur ein paar Straßen weiter wohnte und wir ohnehin auf dem Weg
zum Tierarzt durch diese Straße fahren würden, sagte ich ihm, dass
ich den Hamster abholen werde und er war einverstanden. Übrigens
ging jedes Telefonat damit los, dass ich ihm erklären musste, wer
ich bin und was ich von ihm will, er wusste schon eine Stunde später
nicht mehr, dass ich existiere.
Zwischendurch: Telefonieren und Halter
mit Sorgen beruhigen, Fragen von Hamsterhaltern
beantworten, recherchieren was Ysop genau ist und welche Giftstoffe
enthalten sein könnten, Paul beschäftigen, der mich die ganze Zeit erwartungsvoll anblickt, Wohnung in Ordnung bringen, Schweinchen
füttern, noch mehr Telefonieren, noch mehr Mails beantworten –
ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben, du weißt doch, dass die Halter
deine HP nicht lesen, sind doch zu viele Buchstaben, also nochmal
erklären, Links geben, das Beste hoffen...
Dann kam meine Freundin Ronja vorbei.
Eigentlich hätten wir heute in Ruhe Kaffeetrinken und klönen wollen
– aber daraus wurde ja nichts. Jedes Mal in letzter Zeit wenn wir
uns das vorgenommen hatten, mussten wir statt dessen zum Tierarzt und
häufiger kamen wir ohne lebendes Tier wieder. Ich bin so froh, eine
solche Freundin zu haben, eine die das alles einfach mitmacht und für
mich da ist, obwohl sie hochschwanger ist. Hier nannten sich schon
viele Leute meine „Freunde“, aber für die meisten bedeutete das:
Sie erzählten mir täglich ihre Probleme und Sorgen, wollten mir
ihre Lebensweise aufdrücken, wollten mir vorschreiben wen und was
ich zu mögen habe, sagten mir ständig wie unperfekt und naiv ich
bin, trotzdem solle ich jederzeit alles über jedes Wehwehchen ihrer
Tiere wissen und immer erreichbar sein und wenn ich mal von mir
erzählen wollte, hatten sie keine Zeit mehr, wirkten desinteressiert
und Hilfe war von denen nicht zu erwarten und wenn doch, dann hatte
man immer das Gefühl, sie bezahlen zu müssen. Ronja hingegen ist
für mich da, hört zu, hilft und erwartet nichts dafür, ich habe
immer schon ein total schlechtes Gewissen, weil ich sie so oft um
Hilfe bitte und so wenig für sie tun kann. Es war so gut, sie dabei
zu haben, denn das was so folgte war so, wie der Tag anfing: Ätzend.
Wir fuhren mit einigen Schwierigkeiten los, denn unsere Nachbarn hatten hier den Vorplatz wild zugeparkt und Ronjas Auto verlor dabei ein Stück Zierleiste (das ich auch nicht wieder fand - grummel) und erreichten das
Haus, in dem der Hamster sich befand. Eine Gegend, durch die man
schnell durch fährt und deren Häuser man lieber nicht betritt. Das
Haus ist als Wohnort für Süchtige bekannt und mir wurde ganz mulmig
als ich es betrat (auf die Klingel unten reagierte der Halter
nicht, die Tür war aber eh kaputt) – Ronja durfte nicht mit,
ich wollte sie nicht gefährden. Oben angekommen wies mir ein arg
angetrunkener Mann den Weg (sonst hätte ich die Wohnung nie
gefunden). Da stand ich nun und klopfte, erst zaghaft, dann
lauter, dann sehr laut, aus der Wohnung drangen die typischen
Geräusche eines laufenden Fernsehers - Schritte, ich wusste in dem
Augenblick nicht, ob ich mich freuen oder fürchten sollte. Ein Mann
mittleren Alters mit roten Augen und total zugedröhnt öffnete die
Tür und was dahinter war, ist unbeschreiblich, ich versuche es erst
gar nicht, stellt es euch einfach vor. Der Hamster saß in einem
kleinen Glaskasten in dreckiger Einstreu, aber er hatte zumindest ein
kleines Holzhaus und ein Minilaufrad und ein wenig Einrichtung. Der
Halter kam sehr nah und das fand ich wenig prickelnd, ich packte den
Hamster und das Häuschen in meinen Transporter und wollte nur noch
weg, aber der Mensch stand zwischen mir und der Tür und redete
irgendwas, ich verstand ihn nur nicht. Er verstand mich auch nicht,
ging aber dann bereitwillig zur Seite. So fluchtartig habe ich schon
lange kein Haus mehr verlassen.
Dann kamen wir bei einer sehr vollen
Tierarztpraxis an, standen ewig im Behandlungsraum, bis Fienchen uns
ganz verließ verging noch einmal über eine Stunde und ich muss
keinem Tierhalter sagen, wie wir uns dabei fühlten, das miese Gefühl
versuchten wir dann mit viel schwarzem Humor zu überspielen. In der
Zwischenzeit war mir noch aufgefallen, dass ich vor lauter Stress
meine Tasche vergessen hatte – ergo hatte ich kein Geld dabei,
keine Schlüssel und wir konnten hinterher nicht zu mir fahren –
nix mehr mit Kaffee trinken nach dem Tierarzt. Ronja gewährte mir
bei sich Asyl – nachdem wir frustriert an einem Erdbeerstand vorbei
fuhren und keine kaufen konnten, weil keiner von uns Geld dabei
hatte.
Mein Mann machte dann früher
Feierabend und holte mich ab, wir fuhren zum Fressnapf und kauften
erst einmal Hamsterfutter und div Kleinkram für den Hamster – ich
hatte nämlich am Vortag einen Teil meines Hamsterzubehörs
verschenkt – wie sollte es auch anders sein. Dann wurde der kleine
Kerl in der Badewanne einquartiert – wir baden ja eh nicht und
einen Käfig hatte ich ja noch nicht (nein wir sind keine
Dreckspatzen, wir duschen in der separaten Dusche – man was ihr
immer denkt... tztztzt).
Der Tag hatte dann
aber doch ein Happy End, denn der junge Mann, der von mir die
Hamstersachen bekam, hat sein Hamstergehege fast fertig und er möchte
genau so einen Hamster aufnehmen. Schon am Abend kam er vorbei um
seinen neuen Hamster zu sehen und schon am Freitag zieht der kleine
Kerl in sein neues Zuhause. Obwohl ich diesen süßen Hamsterschatz
nur schwer wieder ziehen lassen kann... verständlich oder?
So lagen also
Gestern Freud und Leid wieder nah beieinander. Eine liebes
Schweinchen musste gehen und ein kleiner Hamster bekommt ein neues
Zuhause (und sein Exbesitzer geht ja nun vielleicht in Therapie
und wer weiß, vielleicht schafft er es ja - ich muss übrigens anmerken, dass ich es bewundernswert fand, dass er trotz seiner offensichtlichen Probleme mit der Realität so viel Interesse für seinen Hamster aufbrachte, es war ihm wichtig, dass es dem Tier gut geht - auch wenn die Haltung eher mau war und das Tier unterernährt ist... er hing an dem Tier und die Holzeinrichtung zeigte schon, dass er ein besserer Halter sein wollte).
Du bist so ein bewundernswerter Mensch! Ich ziehe echt immer wieder meinen imaginären Hut davor was du so leistest. Kümmerst dich den ganzen Tag um Analphabeten, kranke Tiere und weiß der Himmel was noch alles. Ein Seelchen musstest du gehen lassen (tut mir unglaublich leid!!!! :(( ) und hast im gleichen Atemzug ein anderes gerettet.
AntwortenLöschenVon dir können sich einige mal ne Scheibe abschneiden!
Aber vergiss dich über dem ganzen nicht! ;)
Hey du,
AntwortenLöschenDas mit Fienchen tut mir total leid :( Ich hatte sehr für sie gehofft und deine Berichte hier klangen auch gut...achmensch.
Und ich ziehe alle meine Hüte vor dir für das, was du an einem einzigen Tag so durchgestanden hast! Bist schon große klasse!
Ach ihr sollt mich hier nicht bewundern ... neee nee, deshalb schreibe ich das noch nicht. Ich fand nur diesen Tag so bemerkenswert ätzend, dass ich es mir von der Seele schreiben mußte.
AntwortenLöschenDer kleine Hamsti ist Gestern ausgezogen und sein neues Zuhause ist toll. Er wird da sicher sehr lieb gehabt (vom Besitzer, seiner kleinen Schwester und der ganzen Familie). Da fiel es mir gar nicht mehr so schwer, ihn her zu geben. Bei uns im Schweinchengehege ist allerdings tote Hose, die ollen Muiger rühren sich kaum noch von der Stelle... fünf Schweinchen sind echt zuwenig.